Für die Einkommenssteuern besteht kein Verbuchungserfordernis bei Kapitaleinlagen. Sowohl offene wie auch verdeckte Kapitaleinlagen können gemäss neuster Rechtsprechung einkommenssteuerfrei zurückbezahlt werden, sofern letztere nachgewiesen werden können.
In seinem Urteil vom 17. März 2023 (BGE 149 II 158) hat das Bundesgericht sich damit auseinandergesetzt, ob bei der Liquidation einer Gesellschaft nur offene oder auch verdeckte Kapitaleinlagen einkommenssteuerfrei zurückbezahlt werden können. In seinen Erwägungen kam das Bundesgericht zum Schluss, dass auch verdeckte Kapitaleinlagen einkommenssteuerfrei zurückbezahlt werden können, ohne dass diese in den Büchern verbucht worden wären.
Im vorliegenden Fall erwarb eine Aktiengesellschaft in Deutschland eine Hotelliegenschaft. Der Grossteil des Kaufpreises entfiel auf ein Erbbaurecht, das die Alleinaktionärin als Erbbauberechtigte der Aktiengesellschaft verkaufte. Im Zusammenhang mit dem Erwerb der Hotelliegenschaft übernahm die Aktiengesellschaft von der Alleinaktionärin die Hypothekarschulden. Die aus dieser Schuldübernahme stammende Regressforderung gegen die Alleinaktionärin verrechnete die Aktiengesellschaft (teilweise) mit der Forderung der Alleinaktionärin aus der Baurechtsübertragung. Die Aktiengesellschaft bilanzierte die Liegenschaft aktivseitig (weit) unter dem Anschaffungswert und verbuchte entsprechend die übernommene Hypothekarschuld passivseitig nicht oder nur teilweise. Später hat die Alleinaktionärin die Hypothekarschuld unentgeltlich von der Aktiengesellschaft wieder übernommen. Die Liegenschaft wurde schliesslich im Zuge der Liquidation der Aktiengesellschaft verkauft.
Das Kantonale Steueramt rechnete die Differenz zwischen Verkaufserlös und Buchwert, als Liquidationsgewinn aus verdeckten Kapitaleinlagen, bei der Alleinaktionärin als Einkommen auf. Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass es sich bei der Schuldübernahme ohne Gegenleistung durch die Alleinaktionärin um eine Kapitaleinlage handelte. Weil die Aktiengesellschaft die Befreiung von der Hypothekarschuld durch die Alleinaktionärin nicht in ihren Büchern abgebildet hatte, lag eine verdeckte Kapitaleinlage vor. Gemäss Bundesgericht können auch verdeckte (nicht nur separat ausgewiesene, d.h. offene) Kapitaleinlagen für die Einkommenssteuern steuerfrei zurückbezahlt werden.
Das Bundesgericht betonte aber im vorliegenden Urteil, dass dies nur für die Einkommenssteuer und nicht auch für die Verrechnungssteuer gelte. Für die Belange der Erhebung der Verrechnungssteuer gilt gemäss Eidgenössischer Steuerverwaltung das Verbuchungserfordernis. Da die Verrechnungssteuer nicht bloss die Einkommenssteuern, sondern auch die kantonale Vermögenssteuer sichert, ist auch bei der Rückzahlung von nachgewiesenen verdeckten Kapitaleinlagen eine korrekte Deklaration für die Erlangung des Rückerstattungsanspruchs zwingend erforderlich.
Gestützt auf diese aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichts hält die Eidgenössische Steuerverwaltung fest, dass verdeckte Kapitaleinlagen im Rahmen von Umstrukturierungen nur auf andere Rechtsträger übertragen werden können, wenn die Höhe der Einlage und der Umfang der Übertragung nachgewiesen werden. Diese Nachweispflicht obliegt – den allgemeinen Regeln der Beweislastverteilung folgend – dem Anteilsinhaber. Gelingt dieser Nachweis nicht, verbleiben die verdeckten Kapitaleinlagen beim Rechtsträger, welcher sie ursprünglich empfangen hat.
Die steuerfreie Rückzahlung von verdeckten Kapitaleinlagen kann erst im Zeitpunkt der zivilrechtlichen Liquidation der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft geltend gemacht und beurteilt werden, da die einkommenssteuerliche Behandlung von Beteiligungserträgen beim Anteilsinhaber auf den zivilrechtlichen Beschlüssen der Organe einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft basiert. Diese Beschlüsse können handelsrechtlich nur die offen ausgewiesenen Reserven umfassen, weshalb der Anteilsinhaber ausserhalb des Rahmens einer zivilrechtlichen Liquidation keine verdeckten Kapitaleinlagen geltend machen kann.
Der Nachweis, dass die Ausschüttung einer Liquidationsdividende eine Rückzahlung einer verdeckten Kapitaleinlage darstellt, muss vom Anteilsinhaber erbracht werden. Die Deklaration der Emissionsabgabe kann dabei ein Indiz für das Vorliegen einer verdeckten Kapitaleinlage sein.
Quelle: Portal der Eidgenössischen Steuerverwaltung
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